Klima schützen mit nachhaltiger Wärmedämmung

Die kontroverse Diskussion in den Medien über das Dämmen von Häusern verunsichert die Bürger. Wie soll energetisch saniert werden, wie soll der Neubaustandard sein? Silke Puteanus vom Ökobau Netzwerk Münster ist der Meinung: Ausreichende Dämmstoffdicken sind die wichtigsten Faktoren beim energieeffizienten Bauen und Sanieren für den Klimaschutz.

Der Beitrag geht ein auf den stattfindenen Klimawandel durch CO2 Emissionen, relativiert die Kosten der Maßnahmen und und beschreibt die Problematik von Polystyrol als Dämmstoff!

Letztlich sind auch hohe Dämmstärken mittel und langfristig günstig für den Geldbeutel von Hausbesitzern oder Mietern.

Kontroverse Diskussion

Momentan häufen sich die Diskussionen über Sinn und Unsinn des Dämmens von Häusern. Damit wird der bald anstehende Beschluss der Stadt Münster zum einzuhaltenden Energiestandard für städtische Grundstücke begleitet. Die Öffentlichkeit und Teile der Politik kritisieren dabei die energetische Sanierung von Häusern und vor allem die hohen Dämmstandards. Energieberater und jetzt auch der Münsteraner Klimabeirat raten allerdings dringend dazu, die bisher geplanten Ziele mit hohem Dämmstandard einzuhalten.

Am 28. Februar 2018 sprach der renommierte ARD-Wetterexperte Sven Plöger im Münsteraner Rathausfestsaal über die gravierenden Wetterereignisse, die uns nicht nur bevorstehen, sondern die bereits schon stattgefunden haben. Das hat nicht nur wirtschaftliche sondern auch für viele Menschen ganz persönliche Folgen. Globaler Klimawandel bedeutet nämlich auch, dass Teile der Erde unbewohnbar werden und Flüchtlingswellen auslösen.

Fakt ist, dass sich der CO2-Ausstoß weltweit kaum reduziert hat und 2017 laut Forschern des „Global Carbon Projects“ wieder leicht zunimmt [1]. Auch Münster schafft nur gut die Hälfte der Energieeinsparung, die zwischen 1990 bis 2020 erreicht werden sollten.

Die wichtige Leistung der Dämmstoffe

Knapp 40% des gesamten CO2-Ausstoßes wird durch den Gebäudesektor verursacht. Der „Masterplan 100% Klimaschutz“ für das Jahr 2050, der durch die Stadt mit Bürgerbeteiligung 2017 erstellt wurde, zeigt, dass Münster die Klimawende will. Wie passt dies mit den aktuellen Absetzbewegungen der Politik zusammen?

Die Behauptung, viel zu dämmen, bringt nichts, soll hier widerlegt werden. Das Effizienzhaus 40 hat bereits heute Dämmstandards, damit später mit technischen Nachrüstungen ein Nullenergiehaus erreicht werden kann.

Und die Kosten

Häufig kritisieren Gegner, dass geltende Neubaustandards und Effizienzhausstandards die Kosten in die Höhe treiben. Bei Neubauten nach dem Mindeststandard (nach Energieeinsparverordnung) liegen die Mehrkosten für Dämmmaßnahmen, um ein Effizienzhaus 40 zu erreichen, bei 35 Euro pro Quadratmeter [2]. Bei durchschnittlichen Baukosten von 1600 bis 1700 Euro pro Quadratmeter Neubau sind diese Zusatzkosten marginal.

Es gibt andere Faktoren, die für teure Baukosten maßgeblich verantwortlich sind. Nach Aussagen eines Gutachtens im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) können höhere energetische Standards sogar günstiger erreicht werden, wenn man Heizungstechnik und Gebäudegestaltung intelligent kombiniert [3].

Kritik an Polystyrol

Zeitungsberichte zu Dämmmaterialien beschäftigen sich meist mit Polystyrol. Dieser Dämmstoff wird seit Jahren in der Presse massiv unter Beschuss genommen, weil er leicht brennbar ist und später zu Sondermüll wird. Was ist dran an dieser Kritik?

Tatsächlich sind die meisten Dämmstoffe, einschließlich nachwachsender Rohstoffe, brennbar und müssen dementsprechend gegen Brand gesichert werden. Unsere Brandschutzverordnungen sind jedoch streng. Was ist dann eigentlich das Problem am Polystyrol? Nicht der Grundstoff an sich ist problematisch, sondern der Energie-Input, also die Förderung von Erdöl, die energieintensive Produktion dieser Dämmplatten und die chemischen Zusätze des Dämmmaterials. Um die Förderung von Erdöl drastisch zurückzuschrauben, sollten in Zukunft zum Beispiel über das CreaSol-Verfahren [4]  alte Polystyrolplatten recycelt werden, um das Erdöl zurückzugewinnen.

Um Häuser nachhaltig dämmen zu können, dürfen in Zukunft nur ressourcenschonende Dämmmaterialien eingesetzt werden. Das bedeutet nicht, dass wir nur noch mit Stroh und Hanf dämmen sollten, sondern dass Dämmstoffe – egal welcher Herkunft – mit geringem Energieeinsatz  nach Ende der Nutzungsphase wieder zu neuen Dämmstoffen verarbeitet werden. Das Material geht also nicht verloren und wird auch nicht zu Sondermüll, sondern zur Rohstoffbank der Zukunft. Das nennt man auch „Upcycling“. Hierfür gibt es eine Vielfalt an Dämmstoffen auf dem Markt, die heute schon wiederverwendet werden können.

Das Prinzip hat im Übrigen schon einen Namen: “Cradle to Cradle“ – übersetzt: von der Wiege bis zur Wiege. Das heißt, durch das Recyceln wird der Kreislauf geschlossen und es gibt keinen zu deponierenden Müll mehr. Wenn dieser Kreislauf mit regenerativem Energieeinsatz aufrechterhalten wird, ist das ganze klimaneutral. Das ist keine Zukunftsmusik. Das Rathaus in Venlo (City Hall) ist in dieser Bauweise gebaut und zwar wirtschaftlich.

Fazit:

Es ist nicht sinnvoll, Häuser unzureichend zu dämmen, weder für Klimaschutz noch für die Geldbörse der Nutzer. Den nachhaltigen Dämmstoffen, die wieder in die Stoffkreisläufe zurückfließen, gehört die Zukunft. Bleibt der Wärmebedarf für den Gebäudesektor hoch, wird die Menge an regenerativer Energie mittelfristig nicht reichen, um schlecht gedämmte Häuser zu heizen und einen Beitrag für die Erfüllung der Klimaschutzziele zu leisten. Anträge seitens einiger politischer Parteien, Energiestandards zu senken, bedeuten eine geringe Wertschätzung bestehender Klimaschutzziele. Der Einsatz ressourcenschonender Dämmstoffe unterstützt hierzu zusätzlich den Klimaschutz. Bezahlbares Wohnen lässt sich in Zukunft nur mit effizienter und nachhaltiger Bauplanung realisieren.

 

 

Text: Silke Puteanus

Verwendete Literatur